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Deutschland

Zu Besuch in Deutschland

Nun sind die zwei Wochen, die ich mit den Kindern bei meinen Eltern verbracht habe, fast um. Morgen Mittag geht unser Flug zurück nach Montenegro. Irgendwie geht’s mir genauso wie am Tag unserer Abreise: Ich weiß nicht, ob ich glücklich oder traurig sein soll, dass wir fliegen.

Die letzten Tage waren wirklich sehr schön, manchmal ein bisschen stressig, aber insgesamt doch entspannt. Die Kinder und ich haben viel Zeit mit meinen Eltern verbracht und wurden dabei wieder rundum verwöhnt. Auch Ronnys Eltern, seinen Opa und seine Geschwister haben wir wiedergesehen. Da das Wetter fast durchgehend warm und sonnig war, fuhren wir fast jeden Tag ins Schwimmbad. Frederick hat sogar sein Seepferdchen und Annabelle ihre Bronze-Schwimmstufe geschafft. Seitdem hat den beiden das Baden gehen noch mehr Spaß gemacht.

Ab und zu hatte ich auch die Gelegenheit, allein zu sein. Ich konnte joggen gehen und habe mich mit einigen Freundinnen zum Essen getroffen. Meine beste Freundin und ich hatten sogar einen ganzen Nachmittag für uns allein. Die Treffen waren toll. Wir haben viel geredet und gut gegessen – wir hatten einfach eine schöne Zeit zusammen, die ich sehr genossen habe. Dabei kamen immer die gleichen Fragen auf: Was sind eure Pläne? Wie geht’s weiter? Kommt ihr wieder zurück nach Deutschland? Die Antwort darauf war auch immer die gleiche: Im Moment wissen wir es noch nicht.

Ich muss gestehen, der jetztige Zustand gefällt mir. Ich finde es gut, dass ich im Moment keine Staatenzugehörigkeit und damit das Gefühl habe, so ein bisschen „unter dem Radar“ zu laufen, da ich weder in Deutschland noch in Montenegro offiziell wohnhaft bin. Ich kann mir aus beiden Ländern das beste raussuchen – die Sonne und Gelassenheit aus Montenegro und den „Luxus“ aus Deutschland.

„Wenn ich mir die Welt machen könnte, wie sie mir gefällt“, dann würde ich die ganze Welt bereisen und mir jedes Land, was mich neugierig macht, angucken, drei Monate dort bleiben und dann ins nächste reisen, sozusagen eine Art „Länder-Hopping“ machen.

Doch bei meiner Zukunftsgestaltung bin ich leider nicht allein. Es gibt noch mindestens drei andere Menschen, die ich bei meinen Entscheidungen berücksichtigen muss und genau das macht die Sache so schwierig. Die Kinder haben unseren Urlaub in Deutschland sehr genossen und möchten lieber heute als morgen wieder zurück. Ronny fühlt sich pudelwohl in Montenegro und sieht keinen Grund, zurückzugehen.

Mark Forster hat diese Situation in einem seiner Lieder so wunderbar besungen:

Bauch sagt zu Kopf ja, doch Kopf sagt zu Bauch nein
Und zwischen den beiden steh‘ ich
Zwischen den beiden steh‘ ich
Bauch sagt zu Kopf ja, doch Kopf sagt nein
Dann schüttelt er sich
Zwischen den beiden steh‘ ich
Zwischen den beiden steh‘ ich
Und weiß nicht

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Montenegro

Resümee der letzten 11 Wochen

In zwei Tagen fliege ich mit den Kindern nach Deutschland um meine Eltern zu besuchen und automatisch ziehe ich ein Resümee aus der Zeit hier in Montenegro. Wir leben jetzt seit knapp 11 Wochen hier…wie habe ich die Zeit eigentlich genutzt?

Vor unserer Reise habe ich bzw. haben wir erst einmal den Mut aufgebracht, alle Zelte in Deutschland abzubrechen, unsere Komfortzone zu verlassen und uns bewusst zu entscheiden, in einem uns unbekannten Land zu ziehen und den Status „fremd“ anzunehmen. Diesen Prozess haben wir in diesem Ausmaß noch nie durchlebt und wir haben den Schweregrad unterschätzt. Dennoch haben wir diese Schwierigkeit gemeistert und ich kann mich jetzt viel besser in eine Person hineinversetzen, die irgendwo als Fremde einen Neubeginn wagt.  

Ich bin gerade dabei, die montenegrinische Sprache zu lernen und stelle mich dabei gar nicht so dumm an. Ich lerne sie nicht aus Büchern oder aus dem Internet, sondern unsere Nachbarin bringt sie mir bei. Sie ist ein herzensguter Mensch und wir haben schnell Freundschaft geschlossen. Wir treffen uns meistens abends und weil wir uns in vielen Sachen ähneln, finden wir auch immer Dinge über die wir zusammen lachen können. Sie erzählt mir nebenbei viel über das Land und die Menschen, wodurch ich ein besseres Verständnis und eine klarere Sicht auf die Dinge um mich herum bekomme.

Ich habe vor unserer Reise meine eigene Homepage erstellt und veröffentliche seitdem regelmäßig Beiträge, in denen ich über das Land, unser Leben und mich schreibe. Auch wenn es eine einfache Homepage ist, freue ich mich über jeden Artikel, um dem ich sie erweitern kann. Das Schreiben macht mir Spaß und ich habe es sogar geschafft, mit einem von mir geschriebenen Text, Geld zu verdienen. Darauf bin ich wirklich stolz und könnte mir sogar vorstellen, das zu erweitern.

Mittlerweile backe ich für uns jeden zweiten Tag Brot – eines unserer Grundnahrungsmittel. Ich backe es nicht mit Hefe, sondern mit Sauerteig. Das Ansetzen des Sauerteigs hat mich viele Versuche gekostet. Weil ich aber nicht aufgegeben wollte, hat es irgendwann geklappt und somit können wir jeden Tag Brot essen, was dem aus Deutschland schon sehr nahekommt.

Durch die Erlebnisse der letzten 11 Wochen bin innerlich ruhiger geworden. Ich konnte den deutschen Stress von mir abschütteln und mich der montenegrinischen Gelassenheit und Lebensweise annehmen. Ich habe mich verändert – glücklicherweise zum Positiven. Gemerkt habe ich es unteranderem an eine gestrige Situation: Ich wollte mit einem Löffel Eis aus einer Dose in eine Schale portionieren. Da das Eis noch sehr hart und der Löffel aus einem sehr weichen Metall war, bog sich der Stiel des Löffels merklich um. Noch vor 3 Monaten hätte ich den Löffel wutentbrannt in die Ecke geschmissen, gestern jedoch musste ich herzhaft darüber lachen und die anderen stimmten meinem Lachen mit ein. Diese Situation zeigt mir, dass ich mich auf dem richtigen Weg befinde. Ich merke zwar, dass ich noch das eine oder andere Päckchen mit mir rumtrage, aber ich hoffe, dass ich diese auf meinem zukünftigen Weg, wohin er mich auch führt, auch noch loswerde…

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Montenegro

Was passiert hier?

In den letzten Tagen habe ich gemerkt, dass ich allmählich entspannter werde, ruhiger, ausgeglichener. Ich fühle mich ganz anders als noch vor zwei Monaten. Irgendwas passiert doch hier gerade mit mir. Mutiere ich, verwandele ich mich? Was ist das? Was geschieht hier mit mir???

Mein Tag startet ruhig und während des Frühstücks überlegen wir, wie wir unseren Tag gestalten möchten und ich erlebe immer öfter, dass ich abends sage: „Heute war ein schöner Tag!“ Ich genieße das Wetter, das Meer und die Nachmittage mit den Kindern am Strand. Ich finde Zeit, Dinge für mich zu machen, und habe auch Lust dazu, ohne mich von äußeren Einflüssen stressen lassen zu müssen. Manchmal ertappe ich mich sogar dabei, wie ich zwischendurch einfach mal lache. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal einfach so ein Lächeln auf den Lippen hatte.

Ich finde es herrlich, wenn der Tag ausklingt, die Stadt ruhiger wird und die Nacht hereinbricht, überall die Lichter angehen und die Luft um mich herum angenehm warm bleibt. Das ist ein Moment, den ich zu meinen Glücksmomenten zähle und die erlebe ich in letzter Zeit öfter. Und in solchen Momenten empfinde ich jetzt eine unheimlich große Dankbarkeit. Und so langsam wird mir klar, dass ich eigentlich auch wirklich dankbar sein kann. Dafür, dass diese Auszeit möglich ist und ich all das erleben darf. Dafür, dass ich Zeit zum Schreiben habe, zum Ausprobieren und zum Bücherlesen. Dafür, dass ich mich mit mir selbst befassen kann und entdecke, was mir wichtig ist und was mir Spaß macht. Dafür, dass ich bisher tolle neue Menschen kennengelernt habe. Dafür, dass ich endlich mehr Zeit mit den Kindern verbringen kann. Ach, mir würden noch hundert Sachen mehr einfallen…

Doch das wichtigste für mich ist dabei, dass mein Leben wieder Spaß macht und nicht mehr nur aus getaktetem Abarbeiten von Pflichtaufgaben besteht. Allein dafür hat sich das Auswandern schon gelohnt.