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Deutschland

Neuanfang

Wir sind seit fast 2 Wochen aus Montenegro zurück und der deutsche Alltag hatte uns schneller wieder als uns lieb war. Alles geht seinen geplanten und geregelten Gang. Wir haben uns brav wieder überall angemeldet und sind dabei, diverse Anträge auszufüllen – Kindergeld hier, Krankenkasse dort, und für jedes Anliegen gibt es eine extra Stelle – natürlich! Also wenn ich etwas am aller Wenigsten vermisst habe, dann die deutsche Bürokratie.

Die Kinder haben ihre ersten beiden Tage in der neuen Schule super gemeistert und finden so langsam Anschluss. Bevor es aber mit der Schule losgehen konnte, haben wir pro Kind zwei Listen bekommen mit den Sachen (inkl. Bücher), die sie für das kommende Schuljahr benötigen. Dieses Vorgehen haben wir in dieser Art zum ersten Mal durchgemacht und sind fast ohnmächtig geworden als uns der Preis für den ganzen Spaß offenbart wurde. Ich hätte nie erwartet, dass die Schulpflicht auch die Pflicht beinhaltet, ein Vermögen für Schulbücher und andere Schreibsachen ausgeben zu müssen.  

Vor ein paar Tagen sind wir in unser neues Mietshaus eingezogen. So fleißig wie wir unsere Möbel vor 6 Monaten loswerden wollten, so fleißig sind wir jetzt dabei, neue Möbel und Geräte wieder anzuschaffen. Dabei sammeln wir nach und nach unsere Habseligkeiten ein, die wir bei unseren Eltern untergestellt hatten und sorgen dafür, dass ihre Häuser leerer und unseres voller wird. Bei diesem Umzug läuft es aber anders – zum ersten Mal sind wir nicht auf uns allein gestellt und unsere Familien sind in greifbarer Nähe. Wenn wir Hilfe brauchen, reichen ein Anruf und eine kurze Fahrt und das Problem wird gelöst. Für uns ist das Luxus pur und macht alles so viel einfacher.

Neuanfang bisher geglückt würde ich sagen…mal sehen wie es weitergeht.

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Deutschland

Phönix

Nach 1800 km (inkl. 66 Tunnel) und über 23 Stunden Fahrtzeit sind wir alle vier wohlbehalten (plus montenegrinischer Katze) in der Altmark angekommen.

Auf der langen Fahrt, die durch Kroatien, Slowenien und Österreich ging, hatte ich viel Zeit um darüber nachzudenken, was mir unser „Auswandern“ und die 4,5 Monate in einem mir völlig fremden Land gebracht haben.

Wenn ich die Jeannette vom Januar 2022 und die Jeannette von heute betrachte, fühle ich mich als hätte ich eine Art Katharsis durchlebt. Das Wort Katharsis steht im weitläufigen Sinne für Reinigung und Befreiung – und genauso fühle ich mich auch irgendwie – gereinigt und befreit.

Angefangen hat alles mit unserer materiellen Befreiung: Wir haben uns so vielen Sachen entledigt – Sachen, die wir im Überfluss hatten, die nicht notwendig waren und keinen Nutzen hatten. Dann folgte schrittweise eine zwischenmenschliche Befreiung: Mit wurde bewusst, was mir an einer Freundschaft wirklich wichtig ist. Ich erkannte auch, dass es ok für mich ist, wenn ich nur wenige, sehr gute Freunde habe und dass manche Freundschaften nur zu einem bestimmten Lebensabschnitt passen. Am Ende kam die emotionale Befreiung: Ich bin gelassener geworden und weniger wertend. Ich konnte vieles, was passiert ist, aus anderen Blickwinkeln und mit veränderter Einstellung betrachten.

Diese verschiedenen Arten der Befreiung haben mir so gutgetan, dass ich mich fast wie neu geboren fühle – gestärkt, klarer, weiser und mehr geerdet. Als netter Nebeneffekt hat es mich dorthin gebracht, wo ich schon viele Jahre hinwollte – zurück in die Gegend, in der ich aufgewachsen bin. Das hätte die Jeannette von letztem Jahr nie geschafft, denn ohne unser Auswandern hätte ich keinen Blog geschrieben und ohne Blog würde ich jetzt nicht so weit sein, dass mir meine Kreativität und mein Schreiben Geld einbringt und ich von überall auf der Welt arbeiten kann.

Für mich überwiegen ganz klar die Vorteile. Und wenn mich jemand fragt, ich würde es jederzeit wieder tun. Klar, am Anfang war es schwer und ich hatte mit etlichen Tiefs zu kämpfen – wie meine Beiträge eindrücklich zeigen – aber alles in allem bereue ich nichts, absolut gar nichts. Ganz im Gegenteil, ich würde es sogar jedem empfehlen…

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Montenegro

The party is over

Es ist vorbei. Ende Gelände. Aus die Maus.

Wir brechen unser Projekt „Auswandern“ vorzeitig und kurzfristig ab. Wir verlassen Montenegro und fahren in den nächsten Tagen zurück nach Deutschland.

Warum?

Einzeln betrachtet sind die Gründe dafür eher von geringer Wertigkeit aber zusammengenommen haben sie so viel Gewicht, dass sie uns dazu bringen, aus unserem Traum vorzeitig aufzuwachen.

Zum einen ist es die deutsche Bürokratie, die uns Steine in den Weg legt. Seit über 3 Monaten warte ich auf mein polizeiliches Führungszeugnis. Was ich zum Zeitpunkt der Beantragung nicht wusste, war, dass der Antrag – den ich online gestellt habe – von ausländischer Seite beglaubigt sein muss um bearbeitet werden zu können. Dass diese Beglaubigung fehlt, wurde mir nicht etwa in dem bereits gelaufenen Email-Verkehr mitgeteilt, sondern erst nach telefonischer Nachfrage vor ca. 1 Woche. Ohne beglaubigtes und apostilliertes (!!!) Führungszeugnis kann ich keine Aufenthaltserlaubnis beantragen und bekomme auch keine Arbeitserlaubnis. Und ohne die ist es mir nicht möglich, für eine deutsche Firma zu arbeiten und Steuern abführen zu können. Somit habe ich zwar einen neuen Job, bekomme aber im Moment kein Geld dafür.  

Der zweite Grund ist die Motivationslosigkeit und Langeweile bei den Kindern. Diese beiden Gründe hören sich vielleicht banal an, lassen sich aber nicht ohne Weiteres lösen. In den letzten fünf Monaten war unser Zuhause eine 70qm Wohnung in einem ärmlichen Stadtteil in Kotor, der zwar den Strand fast vor der Tür hat, viel mehr aber nicht – nur Häuser, zwei vielbefahrene Straßen, kein Spielplatz, keine großen Grünflächen. Die Kinder können nicht einfach rauslaufen und andere Kinder zum Spielen treffen – von der Sprachbarriere erst mal abgesehen, die generell immer dazu kommen würde. Wir müssen also für jegliche Abwechslung das Auto nehmen und etliche Stunden investieren um uns und den Kindern in irgendeiner Hinsicht Aktivitäten zu bieten. Da Ronny und ich mittlerweile beide arbeiten, haben wir diese Zeit nicht und die Kinder müssen sich den Vormittag über selbst beschäftigen. Und da kommen sie an ihre Grenzen, denn rausgehen fällt aus und in der Wohnung steht ihnen nicht viel zu Verfügung. Somit ist ihnen oft langweilig und dadurch kommt ihnen ihr allgemeine Motivation auch immer mehr abhanden. Die Schule hier in Montenegro beginnt erst im September. Bis dahin bräuchten wir eine Kinderbetreuung, die es hier aber nicht gibt. Hinzu kommt, dass die Kinder die Sprache nicht lernen wollen, ihre Großeltern vermissen, keine Freunde zum Spielen und erzählen haben und lieber heute als morgen wieder zurück nach Deutschland wollen.

Durch diese Gründe und das zufällige Glück, dass wir bereits ein Haus zum Mieten gefunden haben, haben wir die endgültige Entscheidung getroffen, wieder zurück zu fahren und unser „neues“ Leben in der Altmark zu beginnen. Wir wohnen in der Nähe unserer Eltern – was ich mir schon viele Jahre gewünscht habe, aber durch meine bisherige Arbeit nie möglich war. Die Kinder werden ab Ende August wieder zur Schule gehen und wir geben unserem Alltag neue Strukturen.

Und wie geht´s dann weiter?

Das überlege ich mir bis zum nächsten Beitrag…

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Montenegro

Auf zu neuen Ufern

Seitdem wir aus unserem Kurzurlaub im Durmitor Nationalpark zurückgekommen sind, ist es beitragsmäßig bei mir ungewöhnlich still geworden. Nun, das hatte verschiedene Gründe. Zum einen waren wir alle die ganze letzte Woche gesundheitlich angeschlagen, besonders Ronny und mich hat es ganz schön umgehauen. Mehrere Tage ging bei uns gar nichts mehr und wir haben mit Ach und Krach die Zeit vom Aufstehen bis zur Schlafenszeit überstanden. Zum anderen hatte ich das erste Mal seit sechs Monaten einfach nichts zu schreiben – worüber ich selbst mehr als erstaunt war. Bei uns passierte ab Mitte Juli nichts Erwähnenswertes, die Tendenz ging eher zur Langweiligkeit, bedingt durch den normalen Alltagskram.

Naja, und gerade als ich so bei mir dachte, dass ich doch irgendwie eine neue Aufgabe bräuchte, da kam sie ganz spontan und überraschenderweise um die Ecke – und seit heute habe ich einen neuen Job als Content Creatorin! Darüber bin ich mega glücklich denn ich kann meiner Kreativität freien Lauf lassen, viel Schreiben und damit Geld verdienen. Im Grunde komplett gegensätzlich zu dem, was ich die letzten 15 Jahre gemacht habe.

Dabei fällt mir ein Satz von André Gide ein:

„Man entdeckt keine neuen Teile der Welt, ohne den Mut zu haben, bekannte Küsten aus den Augen zu verlieren.“

Ich bin sehr gespannt auf die kommende Zeit!