In meiner Kindheit hatte ich viele Freunde. Dieser schöne Umstand änderte sich auch nicht als ich älter wurde. Meine Schulzeit ging und meine Studentenzeit kam. Auch diese aufregende Zeit ging nach vier Jahren zu Ende und ich stieg in den Arbeitsalltag ein. Es begann die Zeit der Umzüge – und es kamen etliche Umzüge. Doch aus jeder kleinen Etappe meines Lebens nahm ich ein Stück mit und zog damit weiter… wertvolle Erinnerungen und gute Freunde begleiteten mich.
Im Laufe der Jahre wurde mein Telefonbuch immer dicker und ich versuchte, mit jedem einzelnen meiner Freunde in Kontakt zu bleiben und diesen auch regelmäßig zu pflegen. Das gelang mir ganz gut bis unsere Familie wuchs und dazu entgegengesetzt meine freie Zeit schwand. Dennoch versuchte ich alles, um Freundschaften nicht einschlafen zu lassen, weil sie mir schon immer wirklich wichtig waren. Die Konsequenz daraus war, dass wir im Jahre 2019 von 52 Wochenenden 40 verplant waren.
Die beiden darauffolgenden Jahre führten dazu, dass mein Weltbild über Freundschaften komplett auf den Kopf gestellt wurde. Das Jahr 2022 verpasste meinem „Studium der Freundschaftswissenschaften“ dann den letzten Schliff und seitdem ist mein Verständnis von dem Begriff „Freundschaft“ ein völlig anderes geworden.
Mark Forster singt in seinem Lied „Sowieso“ folgende Textpassage:
„Ich schätze Wegbegleiter,
auch wenn alles seine Zeit hat.
Mal 11 Freunde, dann
doch „One-on-one“ Karate Fighter.“
Diese Zeilen habe ich früher nicht verstanden. Warum sollten meine Freunde auch plötzlich nicht mehr da sein?! Auch wenn es lange gedauert hat und meine Erfahrungen teilweise sehr schmerzvoll waren – jetzt endlich verstehe ich seine Zeilen.
Die meisten meiner Freunde haben sich meist unbemerkt in mein Leben geschlichen. Von heute auf morgen waren sie einfach da. Manche von ihnen haben sich auch genauso leise wieder daraus zurückgezogen, ohne dass ich den wahren Grund dafür je kennen werde.
Einige von ihnen sind seit vielen Jahren an meiner Seite. Das macht mich sehr glücklich und ich bin unendlich dankbar dafür. Wir gehen zusammen ein Stück unseres gemeinsamen (Lebens-)Weges und genießen die Zeit miteinander.
Doch ab und zu kommt ein Abschied, auch von langjährigen Freunden. Mal verläuft er plötzlich, mal schleichend. Dann ist es an der Zeit, dass sich unsere Wege trennen. In dem Moment ist es für mich sehr traurig aber ich weiß, es geht nicht anders. Was mir bleibt, sind die schönen Momente, die wir zusammen erlebt haben.
Mein Weg und der meiner Freunde ist zu allen Seiten offen, jeder kann die Richtung ändern, wann immer er will und es für richtig hält. Niemand wird gezwungen, mit mir weiterzugehen. So kommt es eben, dass ich meinen Weg mal mit sehr vielen Freunden teile oder aber ihn auch nur mit weniger von ihnen weitergehe.
Weil heute für mich nicht mehr die Anzahl meiner Freunde zählt, sondern nur noch die Qualität unserer Freundschaft, habe ich mich von einigen meiner „Freunde“ virtuell verabschiedet indem ich ihre Kontaktdaten aus meinem Handy gelöscht habe. Die Zeit dafür war gekommen und ich fühlte mich hinterher freier. Trotzdem erinnere ich mich gern an unsere gemeinsamen Momente und diese schönen Erinnerungen werden für immer in meinem Herzen bleiben.
Mein Freundeskreis ist dadurch kleiner geworden – und wird in Zukunft wohl noch mehr schrumpfen – aber das ist ok. Jetzt ist es für mich ok, weil ich weiß, dass alles seine Zeit hat, auch Freundschaften. Der freie Platz in meinem Handy ist nun für alte und neue Wegbegleiter reserviert, die sich vielleicht in Zukunft (wieder) zu mir gesellen. Ich freue mich über jeden, der mit mir ein Stück des Weges geht und mir damit neue wunderbare Erinnerungen schafft.