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Auf dem Weg zur besten Version

Mittlerweile ist es Oktober und es ist bei mir deutlich ruhiger geworden. Der September ist vorbei – der erste Monat in meinem „alten“ Job und ohne Lehrerin zu sein. Es war auch der erste Monat, in dem ich wieder regelmäßig Sport getrieben habe, meine Wochenenden und meine Freizeit selbst bestimmen konnte und mehr Zeit mit meiner Familie verbracht habe. Resultierend daraus: Unser familiäres Miteinander ist viel herzlicher geworden, ich bin weniger gestresst, schlafe die Nächte wieder durch und komme auch innerlich so langsam zur Ruhe. Es schleicht sich ein neuer Alltag ein, der deutlich entspannter verläuft, den ich bewusster wahrnehme und der nicht mehr so an mir vorbeirast. Neben den Verpflichtungen bleibt sogar noch Zeit, meine To-do-Liste abzuarbeiten und mich meinen persönlichen Vorhaben zu widmen. Das ist so wunderbar.

Meine Arbeit im Home-Office läuft erstaunlicherweise recht gut. Ich habe mir ein angemessenes Büro eingerichtet, das mit einem professionellen Schreibtisch ausgestattet ist. Das Beste an meinem neuen Büro ist: Es befindet sich nicht zu Hause. Auch wenn ich nur ein paar Kilometer zu meinem Arbeitsplatz fahre – ein weiterer Pluspunkt! – habe ich eine klare räumliche Trennung zwischen Arbeit und Zuhause – und das macht alles so viel angenehmer. Ich kann mich besser konzentrieren, meine Arbeitszeit effektiver gestalten und die Aufgaben disziplinierter erledigen.

Momentan würde ich sagen, bin ich auf einem guten Weg.

Wie ich durch ein internes Projekt erst neulich gelernt habe, gehen Naturheilkundler davon aus, dass der Mensch eine Einheit aus seiner Seele, seinem Geist und seinem Körper darstellt und dass er nur ein glückliches Leben führen kann, wenn alle drei Teile optimal funktionieren und sich im Gleichgewicht befinden.

Rückblickend war es anscheinend bei mir die letzten Jahre nicht der Fall. Denn 2016 kam ich an einen Punkt, an dem mir unter Tränen eine Sache bewusst geworden ist: faktisch gesehen habe ich alles, was man sich wünschen kann, aber trotzdem bin ich nicht glücklich. Und diese Tatsache hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen, weil ich mir diesen Zustand nicht erklären konnte und ich mich selbst der Undankbarkeit bezichtigt habe.

Zu dem Zeitpunkt besaßen wir ein Haus, hatten beide gut bezahlte Jobs und unsere Kinder wuchsen gesund heran. Zugegeben unser Alltag war sehr stressig, weil wir beide Vollzeit arbeiteten, die Kinder recht klein waren und Zweisamkeit weit hinten stand, aber das schien für uns normal zu sein. Wie konnte denn das also sein, dass ich nicht glücklich war? Ich hatte doch alles.

Dieses stetig schwelende Gefühl, dass ich anscheinend nie zufrieden sein konnte mit dem, was ich hatte und wohl immer einen Grund zum Unglücklichsein suchte, zerrte an mir und meinem Selbstwertgefühl und machte mich schwach. Und damit drehte sich die Abwärtsspirale weiter und weiter.

Mit meinem heutigen Wissen wäre ich den Gründen damals vielleicht auf die Spur gekommen und hätte versucht, herauszufinden, welcher Teil von mir „hakt“ und somit die anderen beiden Teile in Mitleidenschaft zieht. Vielleicht wäre es mir damals auch geglückt, das „defekte“ Drittel wieder ins Lot zu bringen.  

Heute ist alles anders. Heute fühle ich mich stärker. Ich weiß nicht, warum und kann es demnach auch an keinen konkreten Punkt festmachen. Vielleicht war es der Umzug in meine alte Heimat und damit das Zurückkommen zu meinen Wurzeln. Vielleicht war es das Ablegen meines schlechten Gewissens, dass ich mir unbewusst einredete, weil meine Eltern allein waren und ich nicht genügend für sie da sein konnte. Vielleicht war es das Preisgeben meiner jahrelang versteckten Trauer und der offene Umgang damit. Vielleicht war es der Lehrerjob, der mir zeigte, dass ich in etwas gut sein kann, was ich mir früher nie zugetraut hätte. Vielleicht war es die Einsicht, jeden Menschen so zu nehmen, wie er ist, ihm vorurteilslos gegenüberzutreten, sodass mir mit dieser Einstellung durchweg Freundlichkeit entgegengebracht wurde. Vielleicht ist es auch das momentane Gefühl, für meine Kinder endlich genug da zu sein. Ich weiß es nicht. Ich vermute, es ist das Zusammenspiel aller Vielleichts. Das Wichtigste daran ist, dass ich im Moment geistig so gestärkt bin, wie ich es schon lange nicht mehr oder vielleicht sogar noch nie war.

Ich hoffe, dieser Zustand bleibt und hilft mir, die beiden anderen Teile miteinander in Einklang zu bringen. Als Nächstes ist mein Körper dran. Ich arbeite jetzt wieder intensiv daran, dass auch dieses zweite Drittel gestärkt wird. Zum Schluss – und das wird wohl die schwierigste Aufgabe – nehme ich dann mein seelisches Befinden in Angriff. Mein Ziel ist es, alle Teile von mir endlich ins Gleichgewicht zu bringen und ich von mir dann die beste (und glücklichste) Version erleben darf.