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loslassen

Dieses Wort ist so klein, so unscheinbar und so einfach in seiner Bedeutung und doch wiegt es oft so schwer, dass wir manchmal unter seinem Gewicht zusammenzubrechen drohen.  

Dieses Wort begleitet jeden Menschen von Geburt an. Die Babys müssen ihre vertraute Umgebung, die ihnen 9 Monate lang Schutz und Geborgenheit gegeben hat, loslassen und werden in eine ihnen unbekannte Welt befördert innerhalb kurzer Zeit und ohne jegliche Vorbereitung. Wenn wir also von unseren frühesten Lebenstagen schon an das loslassen gewöhnt werden, warum fällt es uns dann auch im höheren alter oft so schwer?

Wenn ich die letzten 20 Jahre meines Lebens Revue passieren lasse und an die Momente denke, in denen ich aufgrund eines Umzugs loslassen musste, dann erinnere ich mich, dass dies immer mit zweierlei Gefühlsrichtungen einherging. Zum einen mit einem Gefühl der Traurigkeit darüber, dass ich etwas gewohntes und lieb gewonnenes verlasse. Zum anderen fühlte ich mich befreit und freute mich auf das Neue, auf das Unbekannte, auf das was jetzt kommen würde.

Viele gute und teure Freunde habe ich zurückgelassen, in dem vollen Bewusstsein, dass ein spontanes Treffen, eine zufällige Begegnung an der Kita oder an der Schule, eine „willst du auf einen Kaffee reinkommen“ Gelegenheit nicht mehr möglich sein wird. Dabei entwickelten sich sehr gute Freundschaften auch erst einige Wochen vor dem Abschied, was das Loslassen nochmal zusätzlich erschwerte. Ich bin sehr glücklich darüber, dass mir von jeder beruflichen Station meines Lebens mindestens eine Freundin geblieben ist, mit der ich auch heute noch regelmäßig in Kontakt bin. Ich fiebere einem Treffen entgegen wie Kinder dem Weihnachtsmann – leider ergibt sich so ein Treffen oft erst nach vielen Monaten – und ich freue mich riesig, wenn wir uns wiedersehen und einfach drauf losquatschen als wenn ich nie weggewesen wäre.

Dem gegenüber steht das Loslassen von materiellen Dingen, langweiligen Gewohnheiten und der übergeordneten existenziellen Sache, die mich überhaupt erst dazu bringt, aufbrechen zu wollen. Gerade auch das Entsorgen materieller Dinge – sei es nun der Verkauf, das Verschenken oder das Wegschmeißen dieser Sachen – empfinde ich als unheimlich befreiend. Mit der situationsbedingten Tendenz zum Minimalismus wird mir dann nur allzu deutlich klar, dass sich innerhalb kürzester Zeit viel zu viel Zeug angesammelt hat und dass dieses auch meistens völlig unnötig angeschafft wurde.

Auch bei unserem bevorstehenden Umzug lasse ich mit einem weinenden und einem lachenden Auge los. Dieses Mal ist aber etwas anders, gravierend anders. Ich lasse etwas los, was mich in den letzten Jahren immer wieder Antrieb gegeben hat und mich von Station zu Station weiterziehen ließ. Beständigkeit. Ich resigniere. Ich lasse die Hoffnung darauf los. Und ich lasse auch die Suche nach Beständigkeit los.

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Warum jetzt?

Diese einfache aber zugleich bedeutende Frage ist nicht leicht zu beantworten und beschäftigt mich jetzt schon seit einigen Wochen nachdem sie mir Mitte Januar zum ersten Mal gestellt worden war.
Mittlerweile gibt es auf diese Frage mehrere Antworten, die sich in ihrer Bedeutung und Tragweite unterscheiden, jedoch unwillkürlich miteinander zusammenhängen.

Als Hauptgrund würde ich unser bis dato ungestilltes Fernweh angeben. Anscheinend sind wir im Grunde unseres Herzens Weltenbummler, die einfach noch zu wenig von der Welt gesehen haben und von der Ferne angezogen werden wie Fliegen vom Licht. Die Tatsache, dass wir innerhalb von 12 Jahren fünf Mal umgezogen sind und uns das sechste Mal nun bevorsteht, würde diese Vermutung durchaus bekräftigen.

Zum zweiten wollte ein sehr guter Freund, den wir aus den Berliner Zeiten kennen, im Frühling diesen Jahres mit seiner Familie nach Montenegro gehen und fragte uns Anfang Januar, ob wir nicht Lust
hätten, mitzukommen. Ich muss eindeutig zugeben, dass so ein weitreichendes Unterfangen immer einfacher ist, wenn man nicht allein ist. Mit der wahrscheinlich aus einer Laune heraus entstandenen Frage unseres Freundes hat er uns den nötigen Anstoß gegeben und den Stein ins Rollen gebracht.

Durch unsere unabhängigen Lebensläufe, unsere gemeinsamen Erfahrungen und Erlebnisse befinden Ronny und ich uns derzeit in einer Lebensphase, in der wir unseren jetzigen Alltag und alles, was damit zusammenhängt, hinterfragen. Dabei stießen wir schnell auf die Kernfragen:
„Bin ich glücklich?“
„Was ist der Sinn meines Daseins?“

Weitere Fragen schlossen sich diesen ersten beiden an:
„Was macht mich aus?“
„Was möchte ich in meinem Leben noch erreichen?“
„Womit will ich meine Freizeit verbringen?“
„Welche Dinge machen mir Spaß?“
„Fülle ich meinen Alltag genügend mit Dingen, die mir Spaß machen?“ „Ist der jetzige Beruf der, der mich glücklich macht und wenn ja, kann er mich bis ins hohe Alter glücklich machen?“

Wir hegen die Hoffnung, dass eine Reise ins Ungewisse zu einer Reise zu uns selbst wird, wir dadurch vielleicht ein paar Antworten auf unsere Fragen bekommen und uns somit wieder ein Stück (zu) uns selbst finden.

Als letzten Grund nenne ich die derzeit angespannte Lage in Deutschland. Ich möchte hier nicht detailliert darauf eingehen, nur eines möchte ich dazu sagen: Das Land, in dem ich sorgenfrei
hineingeboren wurde, welches ich in den letzten 39 Jahren kennen- und lieben gelernt habe, in dem ich mich immer sicher und wohl gefühlt habe – dieses Land erkenne ich nicht mehr wieder. Ich bin
traurig und erschrocken darüber wie es sich entwickelt hat und ich habe Angst um unsere Zukunft und die unserer Kinder.

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Die Anfänge

Ronny und ich sind seit Dezember 2010 zusammen und hatten uns 2011/2012 schon einmal überlegt, dass es doch verlockend wäre, in einem anderen Land zu leben. Damals hatten wir an Schweden gedacht, oder Dänemark. Wir hatten uns Informationen zu den Ländern eingeholt und Vor-& Nachteile abgewogen. Letztendlich hatten wir den Gedanken des Auswanderns am Ende aber doch verworfen.