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Deutschland

Boot your mindset!

So langsam grooven wir uns ein – fügen uns immer mehr in unsere Umwelt ein und gestalten unser Miteinander immer besser. Unser Alltag ist geregelt, geplant und vorhersehbar (mehr oder weniger). Doch entgegen meinen Befürchtungen find ich das komischerweise gar nicht schlimm. Es ist alles gut so wie es ist und es ist schön so wie es ist.

Ich weiß nicht, ob ich mich vielleicht zu weit aus dem Fenster lehne, wenn ich jetzt behaupte, ich bin glücklich. Doch wenn mein derzeitiger Zustand der Definition von Glück nicht entspricht, dann kommt er ihr zumindest sehr nah. Es gibt Momente, in denen ich das Gefühl habe, dass mir die Euphorie intravenös injiziert wurde. In diesen, mittlerweile öfter erlebten, Momenten geht’s mir so gut – ich bin wach, aktiv, motiviert und präsent – dass ich über diese überraschende Euphorie nur staunen kann. Ich war es gewohnt, morgens aufzustehen und schlechte Laune zu haben, den ganzen Tag müde und antriebslos zu sein – das war irgendwie ein Dauerzustand, der mal besser und mal schlechter war. Es lag permanent ein Grauschleier über mir, meiner Laune und meinen Gedanken. Dieser Grauschleier ist jetzt weg. Ich bin aufgewacht, nehme meine Umwelt wieder so wahr wie sie wirklich ist – sachlich, neutral und nicht genervt, emotional. Ich habe das Gefühl, nicht mehr fremdbestimmt, sondern wieder Herr über mich selbst zu sein. Ich habe das Gefühl, mein Mindset wurde gebootet – ein Neustart, alles auf Anfang, alles beginnt von vorn, alles beginnt von 0.

Ich habe mich verwandelt – vom Schwarzmaler zum Buntzeichner. Es stören mich trotzdem noch einige Sachen, aber ich ärgere mich nicht mehr darüber. Und nicht, weil ich mich zwinge, ruhig zu bleiben, sondern weil ich innerlich ruhiger bin. Ich stehe über den Dingen, entscheide sachlich, lass mich nicht stressen und reagiere nicht unüberlegt, vor allem nicht über. Dinge, die ich ändern kann, versuche ich zu ändern, mit den anderen handele ich einen Friedensvertrag aus.

Im Moment ist alles super so wie es ist!

Ich bin mir bewusst, dass das Gerüst dieses, meines jetzigen Zustandes aus Glasknochen besteht. Es kann beim kleinsten Angriff ins Wanken kommen und zerbrechen. Dennoch ziehe ich meine Samthandschuhe an und packe es damit in Watte und hoffe, dass ich es somit so lange wie möglich am Leben erhalten kann.

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Deutschland

Schlechtes Timing

Irgendwie habe ich das Gefühl, auf Familie Krebs liegt ein Fluch. Der Fluch des Schlechten Timings.

Für die Vorhaben, die wir in Angriff genommen haben, haben wir uns rückblickend und aus 1 bestimmten Blickwinkel betrachtet, immer einen äußerst ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht.

Als Beispiel unsere Umzüge – und es waren ja nun relativ viele – von Berlin nach Brandenburg, weiter nach Mecklenburg-Vorpommern bis hin nach Schleswig-Holstein. Nach dem jeweiligen Umzug ins neue Bundesland wurde kurze Zeit später die Kita-Gebühr im zurückliegenden Bundesland entweder gesenkt oder wie im Fall von Meck-Pom ganz abgeschafft. Im Herzogtum Lauenburg, nur ein paar Kilometer von der Landesgrenze entfernt, waren die Kita-Gebühren noch da und sie waren nicht gerade niedrig.

Naja, Pech gehabt und dumm gelaufen würde ich sagen, aber noch lange kein Grund, an einen Fluch zu denken, oder?!

Doch der nächste Beweis folgt: Unsere Auswanderung. Ende März sind wir ausgewandert und ca. 2 Wochen vorher wurden die Corona-Regeln bundesweit deutlich gelockert. Monatelang habe ich mich durch diese Pflichttestungen gequält und als sie nicht mehr gefordert waren, brauchte ich auch nicht mehr zur Arbeit gehen. Corona-technisch waren es ruhige Monate in Deutschland und auch wettertechnisch gab es dieses Jahr keinen Grund zur Beschwerde – und wir waren in Montenegro. Und pünktlich zu der Zeit, zu der die deutschen Einwohner richtig zur Kasse gebeten werden, kommen wir zurück. Mittlerweile ist die Summe unserer Nebenkosten höher als die der Kaltmiete und da sind wir sicher nicht die Einzigen. Also wenn das kein schlechtes Timing ist, dann weiß ich auch nicht.

Ich möchte es einmal erleben, dass wir uns für ein großes Vorhaben entscheiden und hinterher sagen: „Gut, dass wir es jetzt gemacht haben und nicht noch länger gewartet haben!“ Bisher fallen mir dafür nur kleinere Vorhaben ein – zum Beispiel unsere Hochzeit im Mai 2013. Den Heiratsantrag bekam ich Ende Dezember 2012 und innerhalb von 4 Monaten hatten wir die Hochzeitsfeier auf die Beine gestellt. Es war eine tolle Fete und ich würde es immer wieder genauso machen. „Feste soll man feiern wie sie fallen!“ Da ist was absolut Wahres dran und ich werde den Spruch auch in Zukunft beherzigen.

Ich gebe die Hoffnung aber trotzdem nicht auf, dass der Tag kommt, an dem ich sagen kann: „Man, wir hatten solches Glück! Wir waren zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.“ Dann wird wohl auch unser Fluch des Schlechten Timings gebrochen sein.

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Deutschland

Tausche Urlaub gegen Alltag

Es ist schon erstaunlich wie schnell wir uns dem neuen täglichen Leben angepasst haben. Noch vor 1 Monat wussten wir morgens nicht, was der Tag für uns bringt und haben das Meiste spontan entschieden. Wir lebten so in den Tag hinein, offen für alles, was er uns bringen mochte – alles konnte, nichts musste. Es fühlte sich immer noch wie Urlaub an.

Hier angekommen hat es nicht lange gedauert, bis ich unseren gemeinsamen Kalender wieder aktiviert habe damit ich unsere Termine und Vorhaben erstens nicht vergesse und zweitens diese nicht miteinander kollidieren können. Und was muss ich feststellen? Unser Kalender ist mittlerweile schon gut gefüllt. Für mich ist das (bis jetzt noch) nicht schlimm, weil wir uns bewusst für diese Treffen entschieden haben und sie uns nicht automatisch aufgedrängt wurden. Nein, ich freue mich sogar über diese Unternehmungen, denn sie lockern nicht nur unseren Alltag auf, sondern zeigen mir auch, dass wir bei unseren Freunden und in unserer Familie präsenter und wieder Teil ihres Alltags werden.

Diesbezüglich ist wohl eine Umstellung bei uns allen notwendig. Wir, die jetzt nach 20 Jahren wieder in die alte Heimat zurückgekehrt sind, können nicht erwarten, dass sich plötzlich alles um uns dreht und unsere Lieblingsmenschen sich jeden Tag mit uns verabreden wollen. Die Anderen wiederum müssen das erst verinnerlichen, dass wir keine Gäste mehr sind, dass wir nicht nur am Wochenende hier sind, dass wir nicht nur für eine bestimmte, kurze Zeitspanne anwesend sein können. Ich hoffe, es wird ihnen nach und nach bewusst, dass ein Treffen mit uns wieder eine Option ist, vielleicht sogar eine spontane, weil wir jetzt wieder vor Ort sind und keine 180 km oder schlimmstenfalls sogar 1800 km zwischen uns liegen.

Ich wünsche mir, dass die Menschen um uns herum sich öffnen und einen Platz frei machen, damit wir uns langsam in deren Leben schleichen können und irgendwann ein so fester Teil werden, dass sich keiner von uns mehr vorstellen kann, dass wir jemals weggewesen waren.

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Deutschland

Neuanfang

Wir sind seit fast 2 Wochen aus Montenegro zurück und der deutsche Alltag hatte uns schneller wieder als uns lieb war. Alles geht seinen geplanten und geregelten Gang. Wir haben uns brav wieder überall angemeldet und sind dabei, diverse Anträge auszufüllen – Kindergeld hier, Krankenkasse dort, und für jedes Anliegen gibt es eine extra Stelle – natürlich! Also wenn ich etwas am aller Wenigsten vermisst habe, dann die deutsche Bürokratie.

Die Kinder haben ihre ersten beiden Tage in der neuen Schule super gemeistert und finden so langsam Anschluss. Bevor es aber mit der Schule losgehen konnte, haben wir pro Kind zwei Listen bekommen mit den Sachen (inkl. Bücher), die sie für das kommende Schuljahr benötigen. Dieses Vorgehen haben wir in dieser Art zum ersten Mal durchgemacht und sind fast ohnmächtig geworden als uns der Preis für den ganzen Spaß offenbart wurde. Ich hätte nie erwartet, dass die Schulpflicht auch die Pflicht beinhaltet, ein Vermögen für Schulbücher und andere Schreibsachen ausgeben zu müssen.  

Vor ein paar Tagen sind wir in unser neues Mietshaus eingezogen. So fleißig wie wir unsere Möbel vor 6 Monaten loswerden wollten, so fleißig sind wir jetzt dabei, neue Möbel und Geräte wieder anzuschaffen. Dabei sammeln wir nach und nach unsere Habseligkeiten ein, die wir bei unseren Eltern untergestellt hatten und sorgen dafür, dass ihre Häuser leerer und unseres voller wird. Bei diesem Umzug läuft es aber anders – zum ersten Mal sind wir nicht auf uns allein gestellt und unsere Familien sind in greifbarer Nähe. Wenn wir Hilfe brauchen, reichen ein Anruf und eine kurze Fahrt und das Problem wird gelöst. Für uns ist das Luxus pur und macht alles so viel einfacher.

Neuanfang bisher geglückt würde ich sagen…mal sehen wie es weitergeht.

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Deutschland

Phönix

Nach 1800 km (inkl. 66 Tunnel) und über 23 Stunden Fahrtzeit sind wir alle vier wohlbehalten (plus montenegrinischer Katze) in der Altmark angekommen.

Auf der langen Fahrt, die durch Kroatien, Slowenien und Österreich ging, hatte ich viel Zeit um darüber nachzudenken, was mir unser „Auswandern“ und die 4,5 Monate in einem mir völlig fremden Land gebracht haben.

Wenn ich die Jeannette vom Januar 2022 und die Jeannette von heute betrachte, fühle ich mich als hätte ich eine Art Katharsis durchlebt. Das Wort Katharsis steht im weitläufigen Sinne für Reinigung und Befreiung – und genauso fühle ich mich auch irgendwie – gereinigt und befreit.

Angefangen hat alles mit unserer materiellen Befreiung: Wir haben uns so vielen Sachen entledigt – Sachen, die wir im Überfluss hatten, die nicht notwendig waren und keinen Nutzen hatten. Dann folgte schrittweise eine zwischenmenschliche Befreiung: Mit wurde bewusst, was mir an einer Freundschaft wirklich wichtig ist. Ich erkannte auch, dass es ok für mich ist, wenn ich nur wenige, sehr gute Freunde habe und dass manche Freundschaften nur zu einem bestimmten Lebensabschnitt passen. Am Ende kam die emotionale Befreiung: Ich bin gelassener geworden und weniger wertend. Ich konnte vieles, was passiert ist, aus anderen Blickwinkeln und mit veränderter Einstellung betrachten.

Diese verschiedenen Arten der Befreiung haben mir so gutgetan, dass ich mich fast wie neu geboren fühle – gestärkt, klarer, weiser und mehr geerdet. Als netter Nebeneffekt hat es mich dorthin gebracht, wo ich schon viele Jahre hinwollte – zurück in die Gegend, in der ich aufgewachsen bin. Das hätte die Jeannette von letztem Jahr nie geschafft, denn ohne unser Auswandern hätte ich keinen Blog geschrieben und ohne Blog würde ich jetzt nicht so weit sein, dass mir meine Kreativität und mein Schreiben Geld einbringt und ich von überall auf der Welt arbeiten kann.

Für mich überwiegen ganz klar die Vorteile. Und wenn mich jemand fragt, ich würde es jederzeit wieder tun. Klar, am Anfang war es schwer und ich hatte mit etlichen Tiefs zu kämpfen – wie meine Beiträge eindrücklich zeigen – aber alles in allem bereue ich nichts, absolut gar nichts. Ganz im Gegenteil, ich würde es sogar jedem empfehlen…

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Montenegro

The party is over

Es ist vorbei. Ende Gelände. Aus die Maus.

Wir brechen unser Projekt „Auswandern“ vorzeitig und kurzfristig ab. Wir verlassen Montenegro und fahren in den nächsten Tagen zurück nach Deutschland.

Warum?

Einzeln betrachtet sind die Gründe dafür eher von geringer Wertigkeit aber zusammengenommen haben sie so viel Gewicht, dass sie uns dazu bringen, aus unserem Traum vorzeitig aufzuwachen.

Zum einen ist es die deutsche Bürokratie, die uns Steine in den Weg legt. Seit über 3 Monaten warte ich auf mein polizeiliches Führungszeugnis. Was ich zum Zeitpunkt der Beantragung nicht wusste, war, dass der Antrag – den ich online gestellt habe – von ausländischer Seite beglaubigt sein muss um bearbeitet werden zu können. Dass diese Beglaubigung fehlt, wurde mir nicht etwa in dem bereits gelaufenen Email-Verkehr mitgeteilt, sondern erst nach telefonischer Nachfrage vor ca. 1 Woche. Ohne beglaubigtes und apostilliertes (!!!) Führungszeugnis kann ich keine Aufenthaltserlaubnis beantragen und bekomme auch keine Arbeitserlaubnis. Und ohne die ist es mir nicht möglich, für eine deutsche Firma zu arbeiten und Steuern abführen zu können. Somit habe ich zwar einen neuen Job, bekomme aber im Moment kein Geld dafür.  

Der zweite Grund ist die Motivationslosigkeit und Langeweile bei den Kindern. Diese beiden Gründe hören sich vielleicht banal an, lassen sich aber nicht ohne Weiteres lösen. In den letzten fünf Monaten war unser Zuhause eine 70qm Wohnung in einem ärmlichen Stadtteil in Kotor, der zwar den Strand fast vor der Tür hat, viel mehr aber nicht – nur Häuser, zwei vielbefahrene Straßen, kein Spielplatz, keine großen Grünflächen. Die Kinder können nicht einfach rauslaufen und andere Kinder zum Spielen treffen – von der Sprachbarriere erst mal abgesehen, die generell immer dazu kommen würde. Wir müssen also für jegliche Abwechslung das Auto nehmen und etliche Stunden investieren um uns und den Kindern in irgendeiner Hinsicht Aktivitäten zu bieten. Da Ronny und ich mittlerweile beide arbeiten, haben wir diese Zeit nicht und die Kinder müssen sich den Vormittag über selbst beschäftigen. Und da kommen sie an ihre Grenzen, denn rausgehen fällt aus und in der Wohnung steht ihnen nicht viel zu Verfügung. Somit ist ihnen oft langweilig und dadurch kommt ihnen ihr allgemeine Motivation auch immer mehr abhanden. Die Schule hier in Montenegro beginnt erst im September. Bis dahin bräuchten wir eine Kinderbetreuung, die es hier aber nicht gibt. Hinzu kommt, dass die Kinder die Sprache nicht lernen wollen, ihre Großeltern vermissen, keine Freunde zum Spielen und erzählen haben und lieber heute als morgen wieder zurück nach Deutschland wollen.

Durch diese Gründe und das zufällige Glück, dass wir bereits ein Haus zum Mieten gefunden haben, haben wir die endgültige Entscheidung getroffen, wieder zurück zu fahren und unser „neues“ Leben in der Altmark zu beginnen. Wir wohnen in der Nähe unserer Eltern – was ich mir schon viele Jahre gewünscht habe, aber durch meine bisherige Arbeit nie möglich war. Die Kinder werden ab Ende August wieder zur Schule gehen und wir geben unserem Alltag neue Strukturen.

Und wie geht´s dann weiter?

Das überlege ich mir bis zum nächsten Beitrag…

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Montenegro

Auf zu neuen Ufern

Seitdem wir aus unserem Kurzurlaub im Durmitor Nationalpark zurückgekommen sind, ist es beitragsmäßig bei mir ungewöhnlich still geworden. Nun, das hatte verschiedene Gründe. Zum einen waren wir alle die ganze letzte Woche gesundheitlich angeschlagen, besonders Ronny und mich hat es ganz schön umgehauen. Mehrere Tage ging bei uns gar nichts mehr und wir haben mit Ach und Krach die Zeit vom Aufstehen bis zur Schlafenszeit überstanden. Zum anderen hatte ich das erste Mal seit sechs Monaten einfach nichts zu schreiben – worüber ich selbst mehr als erstaunt war. Bei uns passierte ab Mitte Juli nichts Erwähnenswertes, die Tendenz ging eher zur Langweiligkeit, bedingt durch den normalen Alltagskram.

Naja, und gerade als ich so bei mir dachte, dass ich doch irgendwie eine neue Aufgabe bräuchte, da kam sie ganz spontan und überraschenderweise um die Ecke – und seit heute habe ich einen neuen Job als Content Creatorin! Darüber bin ich mega glücklich denn ich kann meiner Kreativität freien Lauf lassen, viel Schreiben und damit Geld verdienen. Im Grunde komplett gegensätzlich zu dem, was ich die letzten 15 Jahre gemacht habe.

Dabei fällt mir ein Satz von André Gide ein:

„Man entdeckt keine neuen Teile der Welt, ohne den Mut zu haben, bekannte Küsten aus den Augen zu verlieren.“

Ich bin sehr gespannt auf die kommende Zeit!

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Montenegro

Neue Sichtweisen

Nach einem fünftägigen Aufenthalt im Durmitor Nationalpark sind wir gestern wieder nach Kotor zurückgekommen – mit neuen Eindrücken, neuen Erlebnissen und neuen Sichtweisen.

Die Landschaft im Durmitor Nationalpark ist unglaublich schön und in vielen Teilen noch unberührt, so scheint es. Die weiten, meist hügeligen Gras- und Waldflächen sind von grandiosen Bergen umgeben, einer den anderen in Anmut und Dimension übertreffend. Hier und da stehen einzelne Häuser und zwischendurch verstecken sich in den Tälern Seen, die zum Erfrischen und Staunen einladen. Die Straßen sind eng, aber gut ausgebaut und führen kilometerlang über die Berge oder um sie herum. Hinter jeder Kurve wartet ein neuer faszinierender Ausblick auf die Natur. Kühe, Schafe oder Ziegen, die die Straßen kreuzen, sind keine Seltenheit und wenn man Glück hat und die Augen aufhält, kann man sogar Wildpferde in ihrem natürlichen Lebensraum entdecken. Es gibt unendlich viele Wanderrouten, die einen durch die Landschaft führen, hin zur Einsamkeit, wer sie denn sucht. Ich glaube, selbst nach vier Wochen Urlaub dort, hätte man trotzdem noch nicht alles erkundet. Es gibt so viel zu entdecken und jede Entdeckung lässt einen nur noch mehr staunen.

Auch mental bin ich zu neuen Sichtweisen gekommen. In den ersten Tagen unserer Auszeit hatte ich viel Kontakt mit einer mir liebgewonnen Freundin aus Studienzeiten, der ich für ihre Hilfe sehr dankbar bin. Mit ihr habe ich viel über meine Ängste und Sorgen gesprochen, die mich seit ein paar Wochen plagen. Sie hatte, wie ich finde, ein objektives Bild der Gesamtsituation und konnte meine Gefühle und Gedanken sehr gut nachvollziehen. Durch ihre Erklärungen brachte sie mich dazu, manche Dinge von einem anderen Blickwinkel zu betrachten und sie dadurch besser verstehen zu können. Sie bestärkte mich in meinem Selbstvertrauen und nannte mir noch ein paar Tools, die mir helfen können, (mental) weiter zu kommen und meine „Päckchen“ loszuwerden. Die daraus entstandene kleine To-Do-Liste werde ich zeitnah in Angriff nehmen und ich bin gespannt, welche Erfahrungen ich mache.

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Montenegro

Dämonen

Wieder in Montenegro gelandet, hat es ein paar Tage gedauert bis ich auch mental wieder in Montenegro angekommen bin. Gedanklich saß ich noch in Deutschland fest. Ich bereute es, dass ich nicht einen späteren Rückflug gebucht hatte, ich wollte wieder zurück, ich wollte meine Eltern nicht allein lassen. Die alten Selbstzweifel und Schuldgefühle waren wieder da – die letzten Monate versteckt unter der Abenteuerlust, den neuen Eindrücken und der Abwechslung, warteten sie einen schwachen Moment von mir ab um mich zu packen und Besitz von mir zu ergreifen. Im Gepäck hatten sie die Verlustangst dabei, die dominierend den Ton angab und dabei war, mich in den Abgrund zu ziehen.

Da saß ich nun, gefangen von den Dämonen in meinem Kopf, die mich nicht kampflos aufgeben wollten. Ich kämpfte hart und ich kämpfte lange bis ich sie endlich vertreiben konnte. Vertrieben sind sie wohl nicht, sondern traten erst mal nur einen vorläufigen Rückzug an. Sobald ich wieder Schwäche zeige, greifen sie mich erneut an.

Seit über einer Woche bin ich wieder zurück aus Deutschland und habe maximal annähernd den (mentalen) Zustand erreicht wie ich ihn vor meiner Abreise hatte. Damit hätte ich nicht gerechnet und das ruft mir in Erinnerung, dass der Weg ja das Ziel ist. Auf meinem zukünftigen Weg werde ich wohl noch einige Schlachten austragen müssen um den Krieg gegen meine Dämonen zu gewinnen.

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Deutschland

Zu Besuch in Deutschland

Nun sind die zwei Wochen, die ich mit den Kindern bei meinen Eltern verbracht habe, fast um. Morgen Mittag geht unser Flug zurück nach Montenegro. Irgendwie geht’s mir genauso wie am Tag unserer Abreise: Ich weiß nicht, ob ich glücklich oder traurig sein soll, dass wir fliegen.

Die letzten Tage waren wirklich sehr schön, manchmal ein bisschen stressig, aber insgesamt doch entspannt. Die Kinder und ich haben viel Zeit mit meinen Eltern verbracht und wurden dabei wieder rundum verwöhnt. Auch Ronnys Eltern, seinen Opa und seine Geschwister haben wir wiedergesehen. Da das Wetter fast durchgehend warm und sonnig war, fuhren wir fast jeden Tag ins Schwimmbad. Frederick hat sogar sein Seepferdchen und Annabelle ihre Bronze-Schwimmstufe geschafft. Seitdem hat den beiden das Baden gehen noch mehr Spaß gemacht.

Ab und zu hatte ich auch die Gelegenheit, allein zu sein. Ich konnte joggen gehen und habe mich mit einigen Freundinnen zum Essen getroffen. Meine beste Freundin und ich hatten sogar einen ganzen Nachmittag für uns allein. Die Treffen waren toll. Wir haben viel geredet und gut gegessen – wir hatten einfach eine schöne Zeit zusammen, die ich sehr genossen habe. Dabei kamen immer die gleichen Fragen auf: Was sind eure Pläne? Wie geht’s weiter? Kommt ihr wieder zurück nach Deutschland? Die Antwort darauf war auch immer die gleiche: Im Moment wissen wir es noch nicht.

Ich muss gestehen, der jetztige Zustand gefällt mir. Ich finde es gut, dass ich im Moment keine Staatenzugehörigkeit und damit das Gefühl habe, so ein bisschen „unter dem Radar“ zu laufen, da ich weder in Deutschland noch in Montenegro offiziell wohnhaft bin. Ich kann mir aus beiden Ländern das beste raussuchen – die Sonne und Gelassenheit aus Montenegro und den „Luxus“ aus Deutschland.

„Wenn ich mir die Welt machen könnte, wie sie mir gefällt“, dann würde ich die ganze Welt bereisen und mir jedes Land, was mich neugierig macht, angucken, drei Monate dort bleiben und dann ins nächste reisen, sozusagen eine Art „Länder-Hopping“ machen.

Doch bei meiner Zukunftsgestaltung bin ich leider nicht allein. Es gibt noch mindestens drei andere Menschen, die ich bei meinen Entscheidungen berücksichtigen muss und genau das macht die Sache so schwierig. Die Kinder haben unseren Urlaub in Deutschland sehr genossen und möchten lieber heute als morgen wieder zurück. Ronny fühlt sich pudelwohl in Montenegro und sieht keinen Grund, zurückzugehen.

Mark Forster hat diese Situation in einem seiner Lieder so wunderbar besungen:

Bauch sagt zu Kopf ja, doch Kopf sagt zu Bauch nein
Und zwischen den beiden steh‘ ich
Zwischen den beiden steh‘ ich
Bauch sagt zu Kopf ja, doch Kopf sagt nein
Dann schüttelt er sich
Zwischen den beiden steh‘ ich
Zwischen den beiden steh‘ ich
Und weiß nicht