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Montenegro

Ansprüche

Neulich nach mehreren Textnachrichten zwischen meiner besten Freundin und mir hatte sie mir den Tipp gegeben „Lass dich doch einfach mal auf das Leben dort ein!“. Der Satz hat mich zum Nachdenken gebracht und ich fragte mich, warum mir das „mich auf das montenegrinische Leben einlassen“ so schwerfällt.

Nach längerem Überlegen ist mir eingefallen, dass es doch vielleicht meine Ansprüche sein könnten, die mir beim „Darauf-Einlassen“ nicht nur Steine in den Weg legen, sondern mich auch damit bewerfen wollen. Aber woher kommen diese Ansprüche? Sind es wirklich meine eigenen oder sind es allgemeine Ansprüche, die ich ganz unbemerkt zu meinen habe werden lasse?

Zugegeben in manchen Dingen, z. B. in der Schulzeit oder während des Studiums, haben meine Ansprüche mir geholfen, meine Ziele zu erreichen und sogar über mich hinauszuwachsen. Aber irgendwann kam der Punkt, an dem aus uns Freunden Feinde wurden und ich den Kampf gegen meine Ansprüche aufnehmen musste. Nicht weil ich Lust dazu hatte, sondern weil mir nichts anderes übrig blieb um mich und meine Ressourcen zu schonen.

Ein gutes Beispiel dafür ist das Thema „frische Luft schnappen“. Als die Kinder noch sehr klein waren, wollte ich jeden Tag mit ihnen rauszugehen, bei Wind und Wetter, egal ob es regnet oder schneit. Das haben Ronny und ich auch konsequent durchgezogen. Aber als die Kinder älter waren, gab es mal irgendwann einen Tag mit absolut scheußlichem Wetter. Ich habe alle aus der Familie dazu gebracht, mit mir rauszugehen mit der Konsequenz, dass wir nach 30 Minuten komplett durchnässt und mit schlechter Laune wieder zu Hause waren. Danach habe ich meine Ansprüche überdacht und beschlossen, sie diesbezüglich einfach herunterzuschrauben. Seitdem gibt es auch Tage an denen ich nicht rausgehe, einfach weil es mir bei Regen draußen keinen Spaß macht und ich mich einen Tag ohne ohne frische Luft in meiner Haut trotzdem wohl fühle. Entgegen meines prophezeiten Weltuntergangs, der eintritt, wenn ich mal meine Ansprüche herunterschraube, habe ich dieses Worst-Case-Szenario überlebt und bin seitdem sogar entspannter.  

Also sollte ich es hier in Montenegro vielleicht auch mal damit versuchen – mit dem Überdenken meiner Ansprüche, die ich mir in Deutschland so mühsam angeeignet habe. Und was spricht eigentlich dagegen, die Führung dabei ganz zu übernehmen und Jongleur der eigenen Ansprüche zu werden: „Diese da stecke ich zurück und diese dort werden wichtiger und manche werfe ich ganz weg“ – alles als eine Momentaufnahme betrachtet und geleitet von meiner Zufriedenheit und meinem Wohlbefinden. „Gerade ist doch nicht wichtig, ob ich die neue Sprache in drei oder sechs Monaten lerne oder ob ich mich nach vier Wochen eingewöhnt habe oder nach acht. Es ist wie es ist – alles kann, nichts muss.“

Ob diese Strategie langfristig erfolgreich sein wird, ist noch herauszufinden aber zumindest verliere ich den Kontakt zu mir selbst nicht und erhöhe die Wahrscheinlichkeit, mich auf mein neues Leben einstellen zu können. Und ich denke mir, generell sollten doch als Messlatte unserer Ansprüche unsere Zufriedenheit und unser Wohlbefinden dienen um nicht Gefahr zu laufen, dass sich die Symbiose zwischen uns und unseren Ansprüchen auf fatale Weise zu einem Parasitismus entwickelt.

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Woche 3

„Unverhofft kommt oft“

Aufgrund meines Blogs über unsere Auswanderung habe ich überraschenderweise am Montag das Angebot bekommen, als Texterin zu arbeiten. Es geht dabei um die Erstellung von Texten auf Internetseiten. Im Laufe dieser Woche soll ich meine erste Aufgabe bekommen und ich bin gespannt wie ich diese meistere. Auf jeden Fall freue ich mich riesig über die neue Herausforderung und dass ich die Chance bekommen habe, mit dem Schreiben Geld verdienen zu können.

„Große Dinge beginnen oft ganz klein“

Am Freitag haben wir eine sehr nette deutsche Familie kennengelernt, die schon seit über 17 Jahren in Montenegro wohnt und jemanden sucht, der auf ihr Haus aufpasst während sie für ein paar Wochen in Deutschland ist. Die Familie wohnt in der Nähe von Kotor und hat etliche Hunde und Katzen, die bei ihrer Abwesenheit versorgt werden müssen. Es war ein sehr schöner Nachmittag und gerade die Kinder wollten gar nicht mehr nach Hause. Deswegen würden wir uns alle freuen, uns um die Tiere kümmern zu dürfen.

„Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben“

Zu guter Letzt haben wir unsere erste Bekanntschaft mit dem montenegrinischen Gesundheitssystem gemacht. Gestern, am späten Nachmittag, hat sich Annabelle auf einem Sportgerät, was in unmittelbarer Nähe eines Spielplatzes stand, das Kinn aufgeschlagen. Weil die Wunde in unseren Augen doch recht groß erschien, sind wir zur Sicherheit ins Krankenhaus gefahren. Mehrere Schwestern und/oder Ärztinnen haben sich um Annabelle gekümmert und die Wunde angemessen versorgt. Alle waren sehr nett und es ging recht schnell, so dass wir 1h später mit 290 Euro weniger in der Tasche wieder zu Hause waren.

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Schwebezustand

Im Moment fühle ich mich wie ein Schwebeteilchen im Wasser, was sich nicht entscheiden kann, zu welcher Seite es gehört – oben oder unten, gut oder schlecht, Bewegung oder Stillstand.

Im Moment weiß ich nicht, ob ich hier in Montenegro Urlauber oder Einwohner sein möchte. Ich würde jetzt eher zum Urlauber tendieren, aber auch dafür will sich kein Gefühl einstellen. Ich bin irgendwie hier – nicht mehr und nicht weniger. Ich beobachte, ich lasse alles auf mich wirken, ich versuche, nicht voreingenommen zu sein und dabei herauszufinden, zu welcher Seite ich gehöre. Dabei geht es mir mehr um das Wohl der Kinder, weniger um das meine.  

Ich denke zurzeit oft an meine Freundin, die ich vor 15 Jahren kennengelernt habe. Ihre Eltern sind mit ihr und ihrer Schwester Anfang der 1990er Jahre aufgrund des Bürgerkriegs aus Bosnien geflüchtet und haben sich in der Mitte Deutschlands niedergelassen. Wie sie sich wohl gefühlt hat? In einer fremden Umgebung, ohne die Sprache zu sprechen, ohne Freunde, in dem Bewusstsein, komplett neu anfangen zu müssen? Darüber haben wir nie gesprochen. Und auch wenn der Krieg als solches an sich mit nichts vergleichbar ist, so sind wir gefühlstechnisch – Sie damals und ich heute – wohl in ähnlichen Situationen. Die Unterschiede zwischen uns beiden sind jedoch die, dass ich mir den Neuanfang selbst ausgesucht habe und immer die Möglichkeit habe, wieder zurück zu gehen. Aber ob ich dadurch im Vorteil bin, sei dahingestellt. Vielleicht führen das Bewusstsein über die Endgültigkeit einer Entscheidung zu der Motivation, die notwendig ist, um alles geben zu wollen und zu können und aus den Gegebenheiten sein Glück zu formen.

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Ankommen

Die letzten Tage haben wir alle vier genutzt um in Montenegro anzukommen – sowohl physisch als auch psychisch – und ich glaube, wir sind noch mitten dabei und noch lange nicht fertig. Es ist alles andere als einfach. Wir sind nicht nur Auswärtige oder Andersdenkende, wie wir es in Deutschland teilweise waren, sondern wir sind jetzt die Ausländer…Fremde… und das ist eine völlig neue Situation für uns. Dazu kommt, dass wir vier auf engem Raum wohnen, die Umgebung komplett anders ist und wir kein Wort von dem, was die Leute hier sagen, verstehen. Alltagsgegenstände, die für uns bisher normal waren, sind nicht vorhanden, weil sie entweder nicht gebraucht werden oder in ihrer Anschaffung zu teuer sind (z.B. ein Wasserkocher oder eine Kaffeemaschine). Es gibt viele Dinge, von denen wir sagen: „Ach hätten wir sie doch in Deutschland eingepackt!“ Aber so einfach holen, geht eben nicht. Improvisation ist der neue Leitgedanke. Wenn etwas fehlt, können wir es nicht wie oft üblich bei Amazon bestellen, sondern müssen einen Laden finden, der das hat, was wir suchen oder eine Alternative finden.

Es sind viele Dinge, mit denen wir nach und nach noch zurechtkommen müssen und auch auf einen Alltag mit einer gewissen Routine müssen wir noch hinarbeiten. Eines haben wir aber bisher schon geschafft – wir sind entschleunigt. Der Druck, der uns im deutschen Alltag die ganze Zeit umgeben hat, ist nicht mehr da und ich bin deutlich entspannter.

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Der 1. Tag in Montenegro

Mit einer kleinen Verspätung von 15 min sind die Kinder und ich am 31.3. mit dem Flugzeug in Podgorica angekommen. Das Fliegen war für die Kinder unheimlich aufregend und laut ihrer Aussage richtig cool. Leider hat es bei unserer Ankunft geregnet, trotzdem haben wir uns riesig gefreut, unseren Papa wiederzusehen, der auf uns am Flughafen gewartet hat. Auch unser Freund wartete erwartungsvoll auf seine Frau und seine beiden Kinder.

Da wir seit dem Aufstehen nichts Ordentliches mehr gegessen haben, hatten wir alle richtig Hunger und sind im Anschluss in ein Restaurant in der Nähe gefahren. Die Portionen waren sensationell groß, so dass wir alle satt geworden sind und sogar noch etliches mitnehmen konnten. Im Anschluss sind wir alle zu unserer jeweiligen Wohnung gefahren und haben den Tag im neuen Heim ausklingen lassen.